Journalist werden – darauf kommt es wirklich an

Was ist der Stoff, aus dem Journalisten sind? Sind es gute Abschlussnoten? Praktika bei hochkarätigen Zeitungen und Magazinen? Zahlreiche Auslandsaufenthalte?

Journalist werden – darauf kommt es wirklich an

Auf welche Kompetenzen kommt es wirklich an, um Journalist werden zu können? Auf welche Qualifikationen man sich etwas einbilden darf und welche lediglich ein Nice-to-have sind:

Alle wollen Journalisten werden

"Ich will irgendwas mit Medien machen!" Wer kennt diesen Satz nicht. Mittlerweile ist er schon abgedroschen, ja sogar ziemlich verpönt. Aber auch ich habe ihn schon öfter mal gehört und auf die Frage, warum der- oder diejenige denn "irgendwas mit Medien" machen wolle, Antworten erhalten wie: "Dann komme ich ins Fernsehen!" oder "Ich werde dann man viel Geld verdienen!" Das sind ja auf den ersten Blick schon mal ganz nette Zielvorstellungen. Ins Fernsehen wollen ja viele. Aber WAS qualifiziert die Personen denn dazu, bei den Medien zu arbeiten? "Meine Mama arbeitet beim Rundfunk." "Ich hatte mal ein Praktikum beim ZDF." Na schönen Dank. Sind das die Gründe und Qualifikationen, die einen dazu befähigen Journalist werden zu können?

Ich kann mich an einige KommilitonInnen erinnern, die Publizistik studiert haben, weil das wohl so ein "Prestigeding" ist. Und um aus der ganzen Masse von hunderten anderen Publizisten herausstechen zu können, muss man natürlich auffallen. In den Seminaren am besten mit Wortbeiträgen, die vor Fremdwörtern und Floskeln triefen, aber eigentlich nur zusammenfassen, was der Prof gerade ohnehin schon gesagt hat. Als guter Journalist lernt man vor Klausuren bis vier Uhr Powerpoint-Folien auswendig und übernachtet in der Bibliothek. Richtig?

Kann man machen, muss man aber nicht

Okay, zugegeben, das klang jetzt etwas überspitzt. Ich habe mir für die Uni auch viele Tage mit Klausuren und Hausarbeiten um die Ohren geschlagen. Aber das wichtigste während des Studiums ist manchmal nicht das Studium selbst, sondern vielmehr die Jobs, die man nebenher macht. Diese Jobs sollten bestenfalls bereits in die berufliche Richtung gehen, die man anstrebt. Ich persönlich hatte immer den Eindruck, mit dem Studium allein nicht das zu lernen, was mich nach dem Abschluss in der Arbeitswelt erwarten würde.

Worauf kommt es denn nun an?

Wenn man mich fragen würde, worauf es wirklich ankommt, um Journalist werden zu können, würde ich antworten: Es kommt nicht auf den 1er-Abschluss an oder ob man aus einer Journalisten-Familie kommt. Vielleicht ist es auch egal, was man studiert. Im Journalismus gibt es so viele Quereinsteiger aus anderen Geisteswissenschaften. Was gute Journalisten aber alle gemein haben sollten, ist die Fähigkeit Inhalte verständlich vermitteln zu können. Und das nach einer fundierten Recherche und unter der Berücksichtigung verschiedener Quellen und Aussagen.

Mit dieser Vorstellung stehe ich nicht alleine da. Auch der Kommunikationswissenschaftler Siegfried Weischenberg sagte einmal in einem Interview des Spiegels: "Journalisten sollten das, worüber sie berichten, verstehen und vermitteln können, dazu gehört eine umfassende Bildung und eine spezifische Intelligenz. Richtig ist, dass es für ihre Übersetzerfunktion unglücklich wäre, wenn Journalisten die Welt grundsätzlich anders wahrnehmen würden als der Durchschnitt der Bevölkerung." Er selber achte bei der Bewertung, ob jemand als Journalist tauge, auf "Neugier, Wachheit, Allgemeinbildung, Sprachgefühl". Der Journalist müsse sein Handwerk verstehen, eine Spürnase für Themen, ein Geschick für die Aufbereitung eben dieser haben und sich auch über die Monetarisierung seiner Arbeit Gedanken machen wollen. Es sage eben nichts darüber aus, welche Noten der Journalist hatte oder aus welcher Fachrichtung er kommt. Es kommt allein auf seine Fähigkeiten an.

Welche Fähigkeiten sollte man mitbringen, um Journalist zu werden?

Hier habe ich einmal eine kleine (gewiss auch unvollständige) Checkliste zusammengestellt, welche Qualifikationen wichtig sind, wenn man Journalist werden möchte:

  1. Als Journalist trägst Du zur öffentlichen Meinungsbildung bei. Das sollte Dir bewusst sein, damit Du verantwortungsvoll mit dieser Aufgabe umgehen kannst.
  2. Dank ausgeprägter Kreativität findest Du spannende Themen und weißt diese ebenso ansprechend aufzubereiten. Auch in themenarmen Zeiten wie dem gefürchteten Sommerloch gerätst Du nicht in Panik.
  3. Stelle Dich darauf ein, nicht nur hinter dem Redaktionstisch zu sitzen, sondern auch mit Menschen kommunizieren zu müssen, beispielsweise bei Interviews. Du darfst also keine Berührungsängste haben, sondern musst auf Menschen zugehen können. Kommunikationsfähigkeit ist das A und O, nicht nur außerhalb des Büros, sondern auch intern mit den Kollegen.
  4. Das Geld für Deine geschriebenen Artikel wächst nicht auf Bäumen, die wenigsten Leser werden es Dir freiwillig in die Hand drücken. Denke auch wirtschaftlich und wie Du Deine Inhalte monetarisieren kannst.
  5. Arbeite gewissenhaft, in allen Bereichen. Egal ob bei der Recherche oder schließlich bei der Aufbereitung der Themen, Qualität muss sein, egal ob beim "Eliteblatt" oder im lockeren Boulevardmagazin.
  6. Sei flexibel. Stelle Dich auf Themen- und Medienvielfalt ein. Besonders in der Medienlandschaft muss man mit der Zeit gehen und darf nicht "einrosten". Den Anschluss an Digitalisierung und Modernität zu verlieren, würde irgendwann Dein Genickbruch bedeuten.
  7. Organisiertes und analytisches Denken darf bei der Aufbereitung komplexerer Themen nicht fehlen. Sich selber zu strukturieren kann man lernen. Aussagen wie "Ich bin halt ein Messi!" zählen nicht.

Lass Dich nicht entmutigen, wenn Du vielleicht nicht den Traumabschluss gemeistert hast, an keiner teuren Privatuni warst oder Du keine Mutti in der ZDF-Redaktion hast. Wahre Talente finden ihren Weg und haben ebenso Chancen einmal ihrem ganz großen Traumberuf nachgehen zu können.

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